Ein wichtiges Element von Industrie 4.0 ist die Logistik in einer Fertigungsumgebung: Materialien müssen zu den Maschinen transportiert werden, Fertig- oder Halbfertigprodukte von dort zu anderen Bearbeitungsstationen oder in ein Lager geschafft werden. Solche Intralogistik-Vorgänge erfordern bislang einen hohen Personalaufwand, nämlich Fahrer, die ein Fahrzeug manuell zum Zielort navigieren. Doch solche Prozesse lassen sich automatisieren.
Die Hamburger Still GmbH hat beispielsweise zusammen mit dem Software-Haus melting elements eine App namens CubeXX für das autonome Transportsystem iGo Easy entwickelt. Mit der App steuern Fachkräfte Fahrzeuge per iPad. Der Bediener legt auf dem Touchscreen den Ausgangs- und Zielort des Transportvorgangs fest. Die Software errechnet anschließend automatisch die optimale Route und führt den Transport eigenständig durch.
Mit dem System lassen sich sechs unterschiedliche Arten von „Flurförderzeug“-Systemen steuern. Sensoren stellen sicher, dass die Fahrzeuge Hindernisse erkennen und die Zielorte identifizieren können. Ein Vorteil der Lösung ist laut Still, dass sie auch für Anlagen mit einem kleinen Transportvolumen infrage kommt. Die Basisversion besteht aus einem Hubwagen mit einem Rechner, Steuerungsgerät und Reflektoren. Beim Tablet kam Apples nicht gerade preisgünstiges iPad zum Zuge, weil es sich intuitiver bedienen lässt als andere Mobilsysteme.
Ausfälle vermeiden
Zu den Bereichen von Industrie 4.0, in denen es bereits eine respektable Zahl an Use Cases gibt, zählt die vorausschauende Wartung. Die Idee: Produktionssysteme, Motoren und Kraftwerke, aber auch Konsumgüter informieren den Hersteller oder den Wartungsservice selbstständig, wenn ein technisches Problem auftaucht oder Teile erneuert werden müssen. Auch die Automobilindustrie hat im Rahmen von „Connected Car“-Initiativen bereits ähnliche Szenarien entwickelt: Wenn ein Servicetermin ansteht, vereinbart das Auto in Rücksprache mit dem Besitzer eigenständig einen Termin in der Werkstatt und übermittelt vorab Daten wie den Kilometerstand oder den Status der Bremsbeläge.
Ein Schlüsselelement von Predictive Maintenance ist das Internet der Dinge (IoT, Internet of Things). Sensoren erfassen Maschinendaten oder den Verschleiß von Komponenten. Diese Informationen werden über lokale Netze, Mobilfunkverbindungen oder Low-Power Wide Area Networks (LP-WANs) an IT-Systeme mit einer Analysesoftware übermittelt und von diesen ausgewertet.
Laut einer Untersuchung des Fraunhofer-Instituts IOSB in Karlsruhe sehen mehr als 90 Prozent der deutschen Unternehmen in Predictive Maintenance den größten Nutzen der Sammlung und Auswertung von Maschinendaten. Doch bislang findet vorausschauende Wartung offenkundig meist noch vor Ort statt. 97 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass ihre Maschinen ganz oder teilweise in ein Intranet eingebunden sind, Internetzugang haben nur 33 Prozent.
Einige Branchen haben bei Predictive Maintenance eine Vorreiterrolle übernommen. Dazu zählen die Hersteller von Flugzeugturbinen wie Rolls- Royce. Die britische Firma setzt diese Technik ein, um die Wartung der 13.000 Turbinen zu optimieren, die weltweit in Flugzeugen im Einsatz sind. Die Basis bilden Sensoren in den Triebwerken. Sie erfassen Informationen wie Öldruck, Temperatur und Drehzahl der Turbinen, aber auch die Geschwindigkeit und den Kurs des Flugzeugs. Diese Daten werden zu Microsofts IoT-Plattform weitergeleitet und von dieser konsolidiert und aufbereitet.
Ein Vorteil dieser Technik ist, dass Rolls-Royce damit schon im Vorfeld den Abnutzungsgrad und mögliche Schäden der Turbinen ermitteln kann. Dadurch lassen sich Wartungsintervalle besser planen. Außerdem erhält das Unternehmen Hinweise, welche Teile eines Triebwerks verbessert werden könnten.
Darüber hinaus will Rolls-Royce den Fluglinien ergänzende Dienste anbieten. Denn die erfassten Informationen lassen sich auch dazu nutzen, um treibstoffsparende Flughöhen und Routen zu ermitteln. Rolls-Royce – eigentlich Hersteller von Triebwerken – nutzt somit Daten, die die Predictive-Maintenance-Lösung liefert, um neue Umsätze zu erzielen.
Quelle: www.com-magazin.de